Tanzsprache
Etwa 5 % der Flugbienen haben eine spezielle Aufgabe: Sie sind Spurbienen und damit die Kundschafterinnen. Sie fliegen immer als Erste aus und suchen neue Trachtquellen. Haben Sie eine ertragreiche Quelle gefunden, kehren sie zurück und alarmieren die anderen Flugbienen. Aber wie machen sie das? Wie informieren sie die Sammelbienen über:
- die Entfernung der Trachtquelle,
- die Richtung, in der die Trachtquelle liegt,
- die Ergiebigkeit und damit die Bedeutung der Tracht und
- die Art der Tracht vorort.
Die Spurbienen haben eine Verhaltensweise mit der sie die anderen Bienen alarmieren können. Man könnte sagen, sie rütteln ihre Kolleginnen wach. Hat eine Biene eine Nachricht mitzuteilen, so läuft sie über die Wabe und erzeugt Vibrationen. Andere Bienen werden aufmerksam und folgen ihr.
Bedeutung der Tracht
Je wichtiger ihre Nachricht ist, desto heftiger und intensiver ist die Aktivität der Spurbiene. Sie wiederholt ihre Nachricht immer wieder. Es gibt spezielle Bereiche auf den Waben, die besonders gut schwingen. Diese Bereiche sind seitlich nicht am Rahmen befestigt. Hier ist der Tanzboden, auf dem die Bienen ihre Nachrichten austauschen.
Es gibt eine Art Wetterkampf auf dem Tanzboden. Die Arbeiterinnen, die am intensivsten ihre Trachtquelle bewerben, haben die meisten Nachfolgerinnen. Sie können die meisten Arbeiterinnen aktivieren und zu ihrer Trachtquelle aussenden. Spurbienen mit geringer Intensität können nur wenige Arbeiterinnen aktivieren und dazu bewegen ihre Trachtquelle aufzusuchen. Das stellt sicher, dass ein Volk effektiv immer die besten Trachtquellen nutzt und geringe Trachten nur in trachtschwachen Zeiten aufsucht.
Wie werden die Bienen erreicht, die nicht in der Nähe des Tanzbodens sind? Es gibt ein Verhalten, bei dem einzelne Arbeiterinnen inaktive Arbeiterinnen aktivieren. Die Biene fasst den Hinterleib der inaktiven Biene mit ihren vorderen und mittleren Beinpaaren und sendet mit ihrem Thorax starke Vibrationen aus. Man kann Bienen beobachten, die über alle Waben laufen und inaktive Arbeiterinnen alarmieren.
Richtung der Trachtquelle
Es gibt einen festen Bezugspunkt für alle Bienen im Stock. Das ist die senkrecht nach unten weisende Schwerkraft auf den hängenden Waben. Außen gibt es einen weiteren Bezugspunkt, den alle Sammelbienen gemeinsam haben: die Sonne. Mithilfe dieser beiden festen Bezugspunkte schaffen die Spurbienen es, die Richtung der Trachtquelle zu abstrahieren und den Arbeiterinnen mitzuteilen. Außen messen sie den Winkel zwischen dem Sonnenstand und der Richtung der Trachtquelle. Im Inneren übertragen sie diese Information in den Winkel, in dem sie im Verhältnis zur Schwerkraft auf der Wabe laufen. Liegt die Trachtquelle exakt in Richtung Sonne, so tanzen sie senkrecht von unten nach oben auf der Wabe. Ein abweichender Winkel von der Senkrechten drückt einen abweichenden Winkel der Trachtquelle vom Stand der Sonne aus. Ein geniales System und man fragt sich unwillkürlich, wer sich das ausgedacht hat.
Hinzu kommt, dass die Bienen eine innere Uhr besitzen. Die Sonne ist eigentlich kein fester Bezugspunkt, da die Erde sich dreht und die Sonne im Laufe des Tages von Osten nach Westen über den Himmel wandert. Über ihre innere Uhr passen die Bienen den übermittelten Winkel dem aktuellen Stand der Sonne an.
Entfernung von der Trachtquelle
Die Entfernung der Trachtquelle wird in die relative Dauer der Vibrationen übersetzt. Die Bienen laufen auf der Wabe entsprechend des Winkels eine gerade Strecke und senden damit über die Muskulatur des Thorax Vibrationen aus. Die Vibrationen sind für uns am Abdomen und den schwingenden Flügeln zu sehen. Wichtiger für die Bienen ist, dass die Vibrationen über die Beine auf die Wabe übertragen und weitergeleitet werden. Die Bienen nehmen den Winkel und die Dauer der Bewegung über die Resonanz der Wabe wahr. Je länger die Vibrationen anhalten, desto weiter ist die Trachtquelle entfernt.
Art der Tracht
Alarmierte Bienen folgen der Tänzerin in ihrer Bewegung. Sie nehmen damit über ihre Antennen Kontakt mit der Tänzerin auf. Sie tasten den Körper der Spurbiene ab und nehmen dabei den Blütenduft, der sich im Haarkleid festgesetzt hat, auf. Die Tänzerin wird angebettelt und gibt dann an ihre Verfolger Proben aus ihrer Honigblase ab. Die Arbeiterinnen wissen dann um den Duft der Blüten und den Zuckergehalt des Nektars.
Aktivierungskaskade
Je mehr Arbeiterinnen zur ergiebigen Trachtquelle ausfliegen, je mehr kommen anschließend mit Tracht zurück. Auch sie aktivieren mit ihrem Tanz weitere Arbeiterinnen. So vervielfacht sich die Aktivierung und die Zahl der aktivierten Sammlerinnen innerhalb einer viertel oder halben Stunde.